Donnerstag, 30. April 2020

20 km zum Abschluss

Punktlandung auf der Rekordmonatsmarke



Unspektakulärer Lauf...

...aber spektakuläres Resultat - jedenfalls für mich!



Heute schloß ich den April als meinen bisher umfangreichsten Laufmonat ab, mit 435,4 km lief ich exakt 1,4 km mehr als im September 2013. Daran hätte ich Anfang März noch nicht denken können. Wie kam’s dazu?

Man sieht mir den Spaß am Laufen schon an, oder?
Zu der Geschichte gehören andere Geschichten, beispielsweise die Corona-Pandemie und der geplante London-Marathon. Sie sind auch alle miteinander verwoben. Kurz gesagt: Hätte ich nicht London vor der Brust gehabt und hätten wir die Pandemie nicht gehabt, wäre ich nicht annähernd so viel gerannt. Warum also?

Die Vorbereitung für London, wo der Marathon am 26.04. steigen sollte, begann am 11. Februar. In meinem Blogbeitrag von diesem Tag erkläre ich auch einigen “Dummschwätzern”, die wider besseres Wissen behaupten, ich triebe “während meiner Dienstzeit” Sport, wie ich das halte mit Trainingszeiten und Transparenz. Ich hab da überhaupt gar nichts zu verbergen. Und auch die Gründe dafür, warum ich seit Herbst 2018 so unregelmäßig blogge, sind dort aufgeführt. Und wer sich durch die ganzen Vorbereitungsläufe liest, bis hin zum offiziellen Abbruch der Vorbereitung nach der Verkündung der Absage von #london2020, kann den Beginn der Coronazeit aus Läufersicht nochmal durchleben.

So ein Platzregen vorm Lauf sorgt immer für Sauerstoff...
Danach lief ich einfach weiter. Um den Kopf freizubekommen, und auch, weil die üblichen Nachmittags- und Abendtermine, die mein Leben sonst bestimmen, schlicht nicht mehr stattfanden. Da ging ich halt öfter am Abend nochmal 1,5 Stunden auf die Piste, danach wurde geduscht und gegessen und oft noch bis spät in die Nacht Berichte, Zusammenfassungen und Diskussionspapiere gewälzt. Ungewöhnliche Zeiten...

So ging’s dann in den April, ich lief fast täglich, nur am 09., 21. und 24. nicht, und die letzten beiden Nicht-Läufe hatten einen simplen Grund: Ich hatte mich nämlich zwischenzeitlich entschieden, am 26.04.2020 den “Graad-Selääds-Marathon” zu laufen, um Corona den Mittelfinger zu zeigen, und Steffnys Plan verlangt in der Marathonwoche zwei Ruhetage. Dazu blogge ich aber später noch...

Am Tag nach eben jenem Marathon, den ich wie erwähnt am 26.04. lief, machte ich nochmal Pause und beschloss den Rekordmonat mit drei Läufen, vom letzten berichte ich kurz:

Am 30.04. gegen 18 Uhr lief ich die noch fehlenden 20 Kilometer ganz gleichmäßig achteinhalb Mal um den Brönnchesthalweiher. Fast wie ein Uhrwerk, bis auf drei Ausreißer alle km-splits zwischen 5:05/km und 5:15/km. Die nach hinten fallende Schrittfrequenz mag ein Resultat der Ermüdung sein, aber außer durchs Studium der Daten habe ich ansonsten davon gar nix gemerkt.

Im Mai wird jetzt aber auch wieder Rad gefahren! Bisher hatte ich davon abgesehen, weil ich im Falle eines Unfalls nicht unnötig ein Bett im Krankenhaus belegen wollte. Aber nach der nun entspannten Situation kann man das jetzt, denke ich, wieder rechtfertigen.

(Anmerkung: Hätte nicht gedacht, dass es knapp einen Monat später so real werden würde...)




Sonntag, 26. April 2020

Grad-selääds-Marathon

Kein London? Dann halt Bliesgau!


Erste Hälfte allein, Rückweg mit Julian Lange im Tandem

Von Corona lass ich mir doch keinen Marathon wegnehmen!



Julian und ich, nachdem das Tagwerk getan war
Als ich vor einigen Wochen im Angesicht der dynamischen Entwicklung der Corona-Pandemie und der Absage des London-Marathons meine Vorbereitung auf letzteren abbrach, wusste ich zunächst nicht, wie‘s weitergeht. Das Leben als Oberbürgermeister ist meist neben dem Tagesgeschäft noch von jeder Menge Repräsentanztermine am späten Nachmittag bis in den Abend hinein geprägt (neben den regelmäßigen Ausschusssitzungen sind das Geburtstagsgratulationen, Vereinsfeste, Sport- und Kulturveranstaltungen heimischer Vereine), die auch das Wochenende meist durchziehen und belegen. Ich beschwer mich nicht - die Termine machen mir Freude! Aber normalerweise ist meine „Sportzeit“ knapp und begrenzt, und derzeit hab ich schon ein wenig mehr Flexibilität. Dafür beginnt der Tag auch früher (ich bin meist schon vor sechs Uhr auf und lese neben der Zeitung Mails und Briefings) und beinhaltet bis 8.30 Uhr, wenn ich ins Büro gehe, einiges an Homeoffice.

Start und Ziel an der Blies in Limbach
Freie Sonntagmorgen, so wie heute, sind normalerweise die Ausnahme, nicht die Regel. Aber derzeit ist halt alles anders. Und so reifte in mir die Idee, den Marathon doch zu laufen - als Trainingslauf, aber ansonsten wie einen Wettkampf, auch wenn ich die letzten Wochen eben nicht nach Plan trainiert hatte, sondern von den Umfängen viel mehr gemacht hatte, als Steffny von einem so verlangt. So waren auch die vielen Kilometer zusammengekommen - mehrere Halbmarathons unter der Woche, fast keine Ruhetage.

Also entschied ich mich, ab Beginn der Woche zehn im Trainingskalender - der letzten Woche vor dem Marathon, die „Tapering“-Woche, wo nur noch reduziert trainiert wird - wieder einzusteigen. Das war zwar nicht so gut für meine Rekordjagd, ursprünglich wollte ich sogar 500 km angehen, aber  so war‘s nun halt mal: Sonntags langer Lauf (27 km) nach Kirkel, Montag 11 km locker, Dienstag Pause, Mittwoch kurze Intervalle, Donnerstag Joggen mit Steigerungen, Freitag Pause, Samstag als Tune-Up nochmal 30 min. Joggen mit Steigerungen.

Wichtig: Versorgung zwischendurch! Das übernahm der Junior!
Und zack, war‘s soweit: Um 11 Uhr am Sonntag stand ich an der Brücke über die Blies nahe Altstadt in Limbach. Der Plan war, den Bliestal-Radweg bis Bliesdalheim zu laufen (genau eine Halbmarathondistanz), dann mich für den Rückweg von Julian Lange pushen zu lassen und einen „progressiven“ Lauf zu machen, also nach hintenraus immer schneller zu werden. Optimistisch 3:20, überrealistisch 3:30, also irgendwas dazwischen war das Ziel.

Die Strecke war ich unendlich oft gelaufen - in fast all meinen Marathonvorbereitungen seit 2010 fanden dort ein Großteil meiner langen Läufe statt. Da kenne ich jeden Meter und jedes Loch im Asphalt (das sind in letzter Zeit erfreulicherweise weniger, die Straßenbaulastträger arbeiten fleißig - danke dafür an die Kreisstadt Homburg und den Saar-Pfalz-Kreis). Es war schön warm, super Laufwetter! Mein Sohn Jan-Robin würde mich an verschiedenen Stellen der Strecke mit Riegeln und Getränken versorgen - fast wie bei einem „richtigen“ Marathon!

Wenn noch Zeit für‘n Selfie ist, ist man noch nicht am Limit...
Die erste Hälfte wollte ich in 5:00/km, vielleicht einen Tick schneller, laufen. Natürlich ging ich zu schnell an, bremste mich ein wenig, und lief dann ziemlich genau im Bereich von 4:55/km Kilometer um Kilometer. Die erste Hälfte ist ja meist einfach beim Marathon, problematisch eher die zweite...

Julian wartete in Bliesdalheim auf mich, und sofort nach seinem Einstieg verschärften wir das Tempo in Richtung 4:40/km.

Die Halbmarathonzeit von 1:44:00 ließ beim ersten Hinsehen auf eine Endzeit von 3:28:00 schließen, aber wir wollten ja schneller werden.

...aber bald danach schon. Julian zog mich ins Ziel. Danke!
Wie sich später rausstellte, vertrug ich die plötzliche Tempoverschärfung nicht so gut. Wir einigten uns auf 4:45-4:50/km, aber spätestens ab km 37 war ich ziemlich erschöpft, musste ich richtig tief in die Kiste greifen und lief wieder das Anfangstempo, sogar 5 km über 5:00/km, wenn auch nicht viel. Julian half mir da sehr und motivierte mich durchzuziehen. Das gelang auch, wenn er sich auch höchst fragwürdiger Mittel bediente, indem er Arbeiterlieder sang. Da konnte ich mir keine Blöße geben und klebte an seinen Hacken!

Am Ende stand eine 3:27:51 auf der Uhr, die zweite Hälfte war also tatsächlich schneller als die erste, wenn auch nur um wenige Sekunden. Aber progressiv ist progressiv!

Wir gönnten uns ein kühles alkoholfreies Weizenbier, dann entließ ich meinen „Hasen“, der einen tollen Job gemacht hatte, nach Hause. Ich selbst fuhr ebenfalls heim und entspannte erstmal eine Stunde im Sprudelbad.

Das war ein sehr befriedigender Lauf. Irgendwie ein versöhnliches Ende der total verfahrenen Corona-London-Situation, die ich so schnell nicht vergessen werde. Danke an Julian, Jan-Robin und seinen Freund Niklas fürs Supporten!