Ab ins Ländle!
Vorm Abflug des Sohnemanns in die USA ging's per Velo nach Stuttgart
04:17 - Erste Morgendämmerung bei km 35 (Kirschbacherhof) |
Über 200 km war ich in 2018 bisher noch nicht gekommen - 2017 hingegen hatte ich diese "Schallmauer" gleich viermal durchbrochen, und da ich mir für dieses Jahr noch das "Saarlandschwein" (die Umrundung unseres Bundeslandes an einem Tag) vorgenommen hatte, musste ich dann doch mal aus den Puschen kommen und wenigstens eine Langdistanz vorher fahren.
Im Felsalbtal kurz vor Windsberg (04:30 Uhr) |
Das Rad war schon komplett fertig und vorbereitet (Trinkflaschen dran, Helm, Handschuhe, Schuhe und Klamotten direkt davor), das Frühstück ebenfalls, als ich am Vorabend gegen 22 Uhr ins Bett ging. Wecker auf 2:30 Uhr, Kaffee, Toastbrot, Cornflakes, Orangensaft und alles weitere stand schon auf dem Tisch, so schaffte ich es, schnell die Müdigkeit aus den Gliedern zu schütteln und tatsächlich pünktlich loszukommen.
Pirmasens-Ruhbank, 05.02 Uhr: Bis dahin höchster Punkt! |
Nach einer Stunde war ich dann auf dem Radweg bei Rimschweiler, merkte dort aber schnell, dass ohne Straßenbeleuchtung als "Unterstützung" und auf einer so schmalen Strecke wie dem Radweg die Umgebung doch reichlich Licht schluckt. Ich fühlte mich unsicher und wollte eigentlich schon in Althornbach wieder auf die Hauptstraße wechseln, das ging aber wegen einer Baustelle nicht.
Kurz danach am Buchholzbergerhof schaffte ich mich aber wieder auf die B 424, und siehe da, auf der breiteren Straße hatte ich, vor allem wegen des nun fehlenden lichtschluckenden Randbewuchses und der Katzenaugen an den Begrenzungsposten, die mir Orientierung gaben, ein wesentlich besseres Fahrgefühl. Es war ohnehin kein Auto auf der Straße, so blieb ich von da an auf der Hauptstraße und fuhr den Hornbach hoch auf die L479 in Richtung Mauschbach, dahinter blieb ich auf der am Hornbach vorbeiführenden Straße durch Dietrichingen und fuhr weiter in Richtung Kirschbacherhof.
Im Tal der Rodalbe |
Nun fühlte ich mich beim Fahren auch viel sicherer und wohler. Es ging nun entlang der Felsalbe durch deren Tal durch Walshausen in Richtung Windsberg, dann verließ ich das Felsalbtal (die K12, die ihm kurz in Richtung Dusenbrücken, einem Weiler folgt, endet dort bei einem Hof, dem Huberhof, aber das Felsalbtal ist eigentlich ab dort nicht per Asphaltstraße erschlossen) und blieb auf der K6 den Blümelsbach entlang, ehe ich diesen überquerte und in die erste echte Steigung des Tages einstieg, die Hochwaldstraße in Windsberg, 1,4 km mit 6% im Schnitt und einer Höhendifferenz vom Tal bis auf die Anhöhe von 87 Metern.
Nach etwas unter sechs Minuten war ich oben, der Puls ging erstmals über 140, aber das fühlte sich alles gut an. Es wurde auch immer heller, der Morgen graute schon so richtig, und die Lampen ließ ich nur noch an, um gesehen zu werden, weniger, um selbst zu sehen.
Die Wasserscheide zwischen Saar und Rhein an der B10 |
Der Nebel stand auch hier wunderschön im Tal, und eine Gruppe Jugendlicher, die gerade mit dem Feiern fertig war und sich an der Bushaltestelle erholte, machte mir netterweise eine "La Ola".
Sieht man mir die gute Laune an? (bei Hinterweidenthal) |
Der wunderschöne Radweg entlang des Horbachs |
Vorbei am Horbacherhof (der Horbach kommt von der "anderen Seite" der B10) folgte ich nun dem Hirtenbach, ehe ich diesen auf einer kleinen Brücke überquerte und auf der alten Bundesstraße in Hauenstein rauskam. Am dortigen Ortseingang von der B10 aus führt eine leichte Steigung zu einem Felsen, dort kommt man erst richtig in den Kernort und dort ist dann auch die Wasserscheide zwischen Wieslauter und Queich, die den Pfälzerwald teilt.
Wasserscheide zwischen Wieslauter und Queich (Hauenstein) |
In dieser wunderschönen Landschaft passte ich einen Moment nicht auf und verfuhr mich - anstatt ins Triebborntal abzubiegen, fuhr ich die L485 bergan. Dann fand ich aber den richtigen Weg und fuhr den Triebborn hinauf über die Kuppe nach Völkersweiler, nach einer kurzen Abfahrt ging's nun flach über die B48 entlang des Kaiserbachs durch Waldrohrbach raus aus dem Pfälzer Wald!
Oben im Triebborntal kurz vor Völkersweiler |
Nun kam die Sonne so richtig raus, es ging durch Weinberge Richtung Heuchelheim-Klingen, ich fuhr jetzt endgültig kurz-kurz und hatte meine Langarmjacke verstaut. Ich durchfuhr Billigheim mit seinem markanten Stadttor und begleitete dabei immer noch den Kaiserbach, der sich im nächsten Ort, Rohrbach, mit dem Klingbach vereinigt und ab dort dessen Namen trägt.
Getrunken hatte ich eigentlich noch nicht viel. Wie immer, wenn man früh morgens fährt und die Luft noch kühl und feucht ist, stellt sich eigentlich kein richtiger Durst ein.
An der Bahnschranke zwischen Rohrbach und Steinweiler feierte ich dann (zumindest theoretisch) Bergfest mit etwas mehr als 102 Kilometern. Hier fließen die aus dem Pfälzerwald stammenden Bächen Klingbach und Kaiserbach zusammen und der Klingbach wendet sich dann Richtung Nordost in Richtung Rhein.
Durch die Weinberge in "Gottes eigenem Land", der Südpfalz |
Der Heimatort des Deutschen Meisters Pascal Ackermann (seine Mama Ute hat früher immer den Saar-Pfalz-Cup gemanagt, eine Rennserie für junge Radrennfahrer) ist eine echte Radsporthochburg!
Das Rennen "Rund um den Georgsturm" ein fester Termin im Jahreskalender vieler Radsportler, für die Jugend von großer Bedeutung ist die "Südpfalztour", die auch in dieser Gegend stattfindet und für viele die einzige Mehrtagestour in ihrer ganzen Karriere ist.
Das Stadttor von Billigheim |
Kurz nach Maximiliansau ging's über die Rheinbrücke Maxau (1966 gebaut, drei Jahre älter als ich also!) hinüber nach Baden-Württemberg und hinein nach Karlsruhe. Ich überquerte die aus dem Schwarzwald kommende Alb und fuhr ca. 2,5 km die Siemensallee entlang, dann noch zweimal Abbiegen - und schon stand ich vor Alex' Domizil in der Goethestraße. Es war kurz vor acht Uhr, ich kaufte noch Brötchen und trug dann mein Rad hoch in die Wohnung meines Kumpels im vierten Stock (ächz).
Es war schön, ihn nach vielen Jahren mal wieder zu treffen. Bei manchen Leuten merkt man erst, wie gerne man sie mag, wenn man sie nach langen Jahren endlich mal wiedersieht. So ging's mir heute!
Die Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Maxau |
Gruppenbild mit Dame und Gastgeschenk. Entwicklungshilfe ist wichtig! |
Sogar dass er Fan von Werder Bremen ist hab ich ihm verziehen!
Irgendwann verließ er das Saarland und fand schließlich sein Glück in Karlsruhe, seine süße Tochter durfte ich beim gemeinsamen Frühstück auch kennenlernen, seine Partnerin war leider schon auf der Arbeit.
Wir hatten beide viel zu erzählen, aber wenig Zeit, und so brach ich nach dem Frühstück wieder auf.
In Karlsruhe verfranste ich mich dann kurz bei dem Versuch, eine alternative Route zu der mit Straßenbahnschienen übersähten Kaiserstraße zu finden. Ich war kurz orientierungslos, fuhr sogar eine Schleife und kam schließlich in der Nähe des Karlsruher Schlosses raus.
Am Ende der Rittnertstraße: Abfahrt ins Bocksbachtal |
Nach gefühlt 100 flachen Kilometern kam nun wieder die erste Steigung aus dem Rheintal heraus: Die Rittnertstraße in Durlach, die parallel zum Dürrbach verläuft, ist etwas mehr als vier Kilometer lang und überwindet knapp 130 Höhenmeter hoch zum Thomashof. Ich hatte Glück und die normalerweise stark befahrene Straße fast für mich allein, weil in der Einfahrt ein LKW nicht zwischen geparkten Autos hindurchkam und dadurch ein Riesenstau entstand, der mir "die Straße räumte".
Zwischen Remchingen und Ersingen |
Beeindruckend: Als ich mich kurz verfuhr und drehte, sah ich am Gymnasium Remchingen einen Schulhof voll mit Fahrrädern, mindestens 200!
Hier fahren die Jugendlichen wirklich umweltfreundlich in die Schule, und Helikoptereltern mit Schultaxis scheinen die Ausnahme zu sein. Warum nicht überall so?
Ich fuhr weiter parallel zur A8 über die B10, es ging ein wenig auf und ab, und beim Sperlingshof verließ ich die B10 und fuhr hinüber ins Kämpfelbachtal nach Ersingen.
Pforzheim - Goldstadt |
Pforzheim, die "Goldstadt" im Nordwesten Baden-Württembergs am Nordrand des Schwarzwalds am Zusammenfluss von Enz, Nagold und Würm (die kommt lustigerweise aus Ehningen, wo der Arbeitsplatz meines in Vaihingen wohnenden Sohnes liegt) ist die achtgrößte Stadt Baden-Württembergs mit fast 125.000 Einwohnern. Die Durchfahrung war eher unspektakulär, am Ende überfuhr ich am Zusammenfluß von Nagold und Enz letztere und stand am Brauhaus Pforzheim vor der härtesten Steigung des Tages, der St.-Georgen-Steige mit all ihren Folgesteigungen, die sich über acht Kilometer auf ca. 250 Höhenmeter aufsummieren. Davon sind allerdings nur die ersten zwei Kilometer in bebauter Ortslage, der Rest ist im Wald, es ist anstrengend, aber sehr gut zu fahren. Danach war ich am vorerst höchsten Punkt der Fahrt auf ca. 500 m über N.N., viel höher sollte es nicht mehr gehen (Über der A8 kurz vor Vaihingen mit knapp 550 m über N.N. war dann der "Gipfel" der Tour).
Im oberen Teil der Pforzheimer Steigung geht's durch Wald |
Entlang des Betzenbuckels ging es nach Heimsheim im Tal des Kotzenbaches, und kurz danach zog mir der letzte heftige Anstieg des Tages auf der Straße nach Malmsheim viele der wenigen verbliebenen Körner aus den Beinen - meine Nadel stand nun fast auf Reserve.
Aber ich konnte das Ziel schon riechen! Die Gegen um Malmsheim kannte ich von einem Ausflug mit meiner Familie zu Beginn der Studienzeit meines Sohnes ein wenig (aber nicht gut genug, denn einmal verfuhr ich mich doch noch), ehe aus durch Magstadt und den Planbach hoch in Richtung Ziel ging.
Das "Alte Rathaus" in Magstadt bei km 198 |
Nun ging alles ganz schnell: Ein wenig parallel zur Autobahn, dann am Kreuz Stuttgart weiter durch den Wald und bergab, und schon war ich in Vaihingen.
Nach 208 Kilometern kam ich schließlich in der Vischerstraße an, wo mein Sohn, der die letzten Kilometer per WhatsApp Live-Standortmitteilung verfolgt hatte, mich schon erwartete.
Ab ging's nach Hause! |
Eine wunderschöne Fahrt war das! Mit knapp 230 Watt NP und einem Schnitt von 27,3 km/h bei immerhin über 2.300 Höhenmetern war ich dann doch sehr zufrieden. Der Trainingszustand war dann doch besser als erhofft. So kann's weitergehen!