Donnerstag, 5. August 2010

Wind? Was für ein Wind?

Lauris - Ventoux - Lauris von joaum bei Garmin Connect

Heute morgen machte ich mich auf, einen meiner am längsten gehegten Radfahrer-Träume zu verwirklichen

Mit dem Rennrad den legendären Tour-Berg Mont Ventoux überqueren. Seit ich Rennrad fahre, habe ich mir den “Géant du Provence” vorgenommen – hatte bisher nur nie die Gelegenheit, ihn anzugehen. Letztes Jahr waren wir zwar auch in der Provence in Urlaub, aber vom Verdon aus waren es doch ein paar Kilometer, und außerdem kam zu der Zeit die Tour durch, und ich war dann mit der Familie schauen statt zu fahren.

Aber dieses Mal sollte es klappen. Trotz relativ wenig Radpraxis in diesem Jahr (erst ca. 1.400 km) gelang es mir bisher offenbar, diesen scheinbaren “Mangel” mit viel Lauftraining zu kompensieren – jedenfalls war das Ergebnis des Radmarathons im Thannheimer Tal (Schnitt 27,2 bei 230 km und 3000 hm mit dem hammerharten Hahntennjoch ab km 160) ermutigend.

Geplant hatte ich die Strecke von unserem Urlaubsort Lauris an der Durance über Cheval-Blanc, Cavaillon, Carpentras und Bedoin. Südrampe hoch, Westrampe runter und dann von Malaucène über Carpentras und den Hinweg zurück – knapp 190 km, mit relativ flacher An- und Abfahrt und dem Berg selbst als einzigem nennenswerten Höhenmeterproduzent.

Mittwoch sollte die Tour steigen. Dienstags fuhr ich mit dem Sohnemann ca. 30 km durch die Nachbarorte, und natürlich – in Cadenet hatte ich einen Platten. Reifen gewechselt, aufgepumpt – zisch, und wieder platt. So ein Mist. Ich glaubte an einen Fehler beim Reifeneinbau und war verzweifelt – kein Ersatzschlauch mehr. Was tun? Plötzlich hielt die Police Municipal, die Räder wurden bei dem einen der beiden Polizisten, der direkt in der Nähe wohnte, in die Garage geschafft und die netten Flics fuhren uns nach Villelaure zu einem Geschäft, das Schläuche hatte. Ich kaufte noch einen weiteren als Reserve und konnte nach der Rückkehr nach Cadenet mit Jan-Robin heimfahren. Ein tolles Erlebnis!

Nicht so toll war, daß abends um 22.10 Uhr der Reifen – zisch! – plötzlich alle Luft verlor. Nun inspizierte ich ihn genau und fand das Loch an der Innenseite. Klarer Fall von Felgenbandermüdung. Die Tour musste ich also verschieben, am nächsten Tag nach Petuis ins Velo Luberon und Felgenband erneuern. Jetzt aber!

Donnerstag morgen klingelte der Wecker um 5.30 Uhr, anziehen, gut frühstücken, um 6.10 Uhr gings los. Ich wollte um 14 Uhr wieder zurück sein – ambitioniert, aber machbar. Auf der Fahrt aus Lauris heraus Richtung Westen hatte ich gleich heftigen Gegenwind – ich betete, der Wind möge mittags auch noch blasen, ohne zu drehen, denn dann hätte ich wenigstens auf der Heimfahrt, müde und matt, etwas Rückenwind. Ohne zuviel vorwegzunehmen – war auch so…

Um 8.35 Uhr war ich schon in Carpentras, der Ventoux (besser seine Spitze) war noch in dicken Nebel gehüllt. Schnitt bisher 30,2 – die Beine fühlten sich gut an. Auf Richtung Bèdoin! Als ich einmal anhielt, um einen kurzen Tweet abzusetzen, fiel mir ein interessantes Schild an einer Bauernhofeinfahrt auf: “Celui qui a perdu sa merde est un enculé” – das ist wirklich zu vulgär zum Übersetzen…

In Bedoin angekommen (ca. 8.55 Uhr), fotografierte ich den Kreisel mit der schönen Radfahrerskulptur – da kam eine Gruppe von drei Fahrern vorbei. Die Jungs sahen aus, als hätten sie in etwa meine Leistungsstärke. Ich setzte ihnen nach, um in der Auffahrt nicht ganz allein zu sein. Frankie, Philippe und Pascale waren alle so um die 40 und kamen aus der Camargue – wie ich, so fuhren auch sie den Ventoux zum ersten Mal.

In Bedoin startet die Strecke mit mäßiger Steigung von ca. drei Prozent durch landwirtschaftlich genutzte Felder, steigt zwischen Kilometer drei und sechs mit ca. 5%. Dann geht der Berg richtig los: Auf den nächsten acht Kilometern immer mindestens 9%, manchmal erheblich mehr. Mein Puls ging bis 160, das war zuviel. Ich nahm etwas raus, die drei Jungs waren schon nicht mehr bei mir. Mit einem 150er-Puls fuhr ich weiter. Kurz vor dem “Chalet Reynard”, einer Raststätte auf 1420 m, lies die Steigung etwas nach, ich merkte da aber auch schon, daß ich über 90 km in den Beinen hatte. Viel kam nicht mehr.

Ab dem Chalet Reynard ist der Mont Ventoux nicht mehr mit anderen Bergen zu vergleichen. Er sieht aus wie eine Mondlandschaft – kein Halm mehr, nur noch Steine, Steine, Steine. Der Name war Programm: “Vent toux”, also Wind aus allen Richtungen, und dazu superheftig. Es war neblig, kalt (10°C), und ich litt wie ein Hund. Die Steigung auch hier mindestens 8% durchgehend, manchmal mehr – dazu brutaler Gegenwind, das tat richtig weh.

Im letzten Anstieg Richtung Gipfel
Einen Kilometer vor dem Gipfel machte ich dann auch noch den Andy Schleck – beim Schalten fiel mir die Kette runter. Heidewitzka! Kette wieder drauf, trotz klammer Finger, erster Anfahrtversuch misslang, Kette fiel wieder. Ich hätte fast geheult. Das ganze dauerte drei Minuten, die Pascale aus meiner Gruppe unten am Berg nutzte, um vorbeizufahren, dieser alte Contador. War aber ok, er fragte sogar, ob er halten sollte, aber ich verneinte. Zum Glück klappte der zweite Anfahrtversuch, und der letzte Kilometer dann auch ganz gut.

Als ich dann um 10:52 Uhr endlich die Schlussrampe (die hat auf den letzten Metern vor der Passhöhe mindestens 20%!) erklommen hatte und meine brennenden Waden endlich Pause hatten, durchfloss mich wie immer bei solchen Gelegenheiten ein unglaubliches Glücksgefühl. Ich machte ein paar Fotos, gratulierte Pascale, kurz danach kamen dann auch Frankie und Philippe, wir schwatzten noch ein bisschen, ich fotografierte die drei und sie mich, ein Tweetversuch scheiterte an der fehlenden Netzabdeckung. Einige Minuten verweilte ich noch, genoss die herrliche Aussicht (der Nebel hatte sich etwas gelichtet) und ab gings runter Richtung Malaucène.

Ich verfluchte mich selbst, weil ich keinen Windbreaker dabei hatte – es war s..kalt. Erst ab ca. 1.400 m über NN kamen langsam wieder wärmere Luftströme an meine halberfrorenen Arme und Hände. Ab da machte die Abfahrt auch richtig Spass.

Blick nach Norden kurz nach der "Passhöhe"
Von Malaucène gings nochmal ein paar Meter hoch, aber dann bis Carpentras immer schön bergab, und der Wind half mir jetzt. Die Beine hatten sich auch erholt, und so konnte ich konstant 35-40 km/h treten.

Ab Cavaillon, als ich den Wind voll im Rücken hatte, gings sogar noch schneller: 40-45 km/h waren fast mein Durchschnittstempo. So war das noch zu schaffen mit 7 Stunden reiner Fahrzeit und daheim bis 14 Uhr! Ich gab noch mal alles und war dann tatsächlich um 13:59 Uhr zuhause.

Beim Absteigen vom Rad taten zwar die Knie höllisch weh, aber ansonsten gings. Frau und Kinder waren froh, daß ich noch ganz war, und dann wurde erstmal gegessen (”Du frischd wie e struppisch Rind!”, meinte mein Sohn) und am Pool “gechillt”.

Die Tour war toll. Ich bin immer noch ganz aufgedreht. Vielleicht fahre ich in den nächsten Tagen nochmal hoch, mit Jan-Robin ab Sault (5 km länger, nicht so steil und ohne lange Anfahrt). Dann hör ich aber vorher Radio. Abends erzählte mir nämlich die Eisverkäuferin in Bennoix, daß dort vor einer Auffahrt zum Mont Ventoux am heutigen Tage gewarnt wurde. “Trop dangereux – le vent est trop fort” meinte sie. Ach so…

Sonntag, 2. Mai 2010

Sankt Wendel, 02.05.2010 - Mein zweiter Marathon

 „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“
Colonel John Smith (Hannibal), The A-Team
  
Heute stand mein zweiter Marathon an, und ich hatte mir keinen leichten, dafür einen lokalen ausgesucht: In St. Wendel wollte ich nach meiner ursprünglichen Saisonplanung knapp unter 3:15 ankommen, um dann in Berlin im September die 3:10 anzugreifen – es kam anders, besser, doch dazu später mehr. 
Bevor ich zum Marathon selbst komme, erst einmal etwas Grundsätzliches: Ich bin der Meinung, daß fast JEDER, der Spaß am Laufen hat und locker laufend 10-15 km ohne Schmerzen schafft, einen Marathon schaffen kann. Auf die Vorbereitung kommt es an, und dazu braucht man einen Plan. Trainingspläne gibt’s wie Sand am Meer, sehr gern genommen wird Herbert Steffny, aber ich schwöre – fast schon einen Eid – auf die Trainingspläne von JK Running, bei meinen beiden ersten Marathons habe ich die Umsonst-Version auf www.achim-achilles.de gewählt, aber ich bin so begeistert, daß die Leistungen des Unternehmens mir beim nächsten Mal auch Geld wert sind (hallo, Berlin!). Ein Trainingsplan bedeutet, man trainiert ca. fünfmal die Woche, meist ca. eine Stunde, an den Wochenenden mit den langen Läufen sogar bis zu drei.
Ich werde oft gefragt, ob man im Amt des Bürgermeisters, wo man eben keinen geregelten Acht-Stunden-Tag hat, sondern oft bis lang in den Abend beschäftigt ist, und meist auch am Wochenende viele Termine wahrnimmt, überhaupt noch “die Zeit” für Laufen und Radfahren hat. Meine Antwort: Ich habe keine Zeit – ich mach sie mir. Statt in der Mittagspause ins Restaurant zu gehen oder abends auf der Couch zu liegen, laufe ich eben lieber – oder fahre Rad.
Laufen ist für mich eine Art, abzuschalten. Beim Laufen kann man sehr gut loslassen und zur selben Zeit auch neue Ideen entwickeln, auf die man im hektischen Alltag gar nicht käme. Und laufen kann man auch mal eine Stunde in der Mittagspause, kein Problem. Die langen Läufe in der Marathonvorbereitung mache ich Sonntagsmorgens, oft auch ganz früh, so von fünf bis acht, dann leidet auch das Familienleben nicht.
Radfahren kann ich gut morgens vor dem Dienst machen, bzw. auf dem Weg nach Hause, zur Zeit wohne ich noch nicht in Neunkirchen, da bietet sich die 28-km-Distanz mit einer Stunde gut zum Training an. Das geht aber halt nur im Sommer gut, wenn’s morgens früh und abends lange hell ist.
Außerdem wohnt ein gesunder Geist gern in einem gesunden Körper, das wußten schon die alten Griechen. Ich glaube auch, daß Lauf- und Radsport einen sehr guten Ausgleich für unser Arbeitsleben am Schreibtisch bieten.
Als hauptamtlicher Kommunalpolitiker suche ich nicht nur die Herausforderung im Amt, sondern als Ausgleich auch die Herausforderung im Sport. Außerdem hat man Vorbildfunktion, auch und gerade für Jugendliche. Setz Dir Ziele, arbeite dafür, erreiche sie, freu Dich drüber, und dann setz Dir neue, höhere. Ist doch ganz einfach, oder?

 Mein zweiter Marathon
Nun aber zu St. Wendel. Der Plan von JK Running zum Erreichen einer 3:15er-Zeit begann am 08.02.2010 – also knapp drei Monate Vorbereitung, und es war Winter in Deutschland – die ersten Wochen machten nicht wirklich Spaß. Die Tartanbahn im Wagwiesental Neunkirchen, wo ich meine Intervalle lief, war oft und lange zugeschneit bzw. vereist und im Wald sah es nicht besser aus. Rundes Laufen war da oft unmöglich, trotzdem biss ich mich durch. Schon bald merkte ich, daß ich die Vorgaben locker schaffte, und schraubte ein bisschen herum: 5:00 statt 5:20 auf dem km bei “ruhigem Tempo”, 8:00 statt 8:20-8:40 bei 2000m auf der Bahn. Das ging, weil ich diese Zeiten brachte, ohne mich pulsmäßig in Gegenden zu katapultieren, die im Bereich “angenehm forderndes Tempo” liegen. Ein Training brach ich ab, an dem Tag war mir nicht gut, einmal ersetze ich (am Karfreitag) 12 km Laufen durch 81km Radfahren, einmal einen langen Sonntagslauf durch einen 10-km-Wettkampf und einmal durch einen Halbmarathon. Ansonsten hielt ich mich exakt an die Vorgaben. Das hatte mir schon in Frankfurt Glück gebracht, wo ich laut Plan 3:30 schaffen sollte und 3:29:59 lief.
Kurz nach dem Start (Foto: Energis)
In St. Wendel (hier die Strecke) waren natürlich nicht so viele Läufer am Start, insgesamt über 250 Marathonis und 100 Staffeln, in der zweiten Runde sollten aber ca. 2.000 Halbmarathonis dazukommen. Auch dazu - später mehr…
So war für alle gut Platz, und das Rennen ging gut los. In mir war in den letzten Tagen die Erkenntnis gereift, daß ich die 3:10 (die ersehnte Quali-Norm für den NYC-Marathon) würde schaffen können, also wollte ich es schon heute und nicht erst in Berlin probieren. Das bedeutete: 4:30 min/km. Prima liefs auf den ersten Kilometern:

km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

1    0:04:16,0    0:04:16,0    151  157  150  121   4:16
2    0:08:26,2    0:04:10,2    157  157  154  151   4:10
3    0:12:52,4    0:04:26,2    152  160  154  151   4:26
4    0:17:11,7    0:04:19,3    157  159  154  145   4:19
5    0:21:38,7    0:04:27,0    150  157  153  144   4:27
Nach 5 km also schon 52 sec. unter der “Norm”, so konnte es weitergehen. Wir waren mittlerweile “draußen” auf der B41, aber von Langeweile keine Spur. Alle paar 100 Meter spielte eine Band, und ich hatte eine gute Gruppe mit 3 Marathonis und 2 Staffelhasen.
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

6    0:25:57,8    0:04:19,1    155  155  153  150   4:19
7    0:30:25,7    0:04:27,9    154  157  153  149   4:27
8    0:34:53,9    0:04:28,2    151  156  151  148   4:28
9    0:39:30,0    0:04:36,1    150  154  151  146   4:36
10   0:43:59,9    0:04:29,9    155  157  153  148   4:29

Super! Wieder 11 sec. “abgeschält”, Puls bei 152 im Schnitt, nur knapp oberhalb meiner aerob/anaeroben Schwelle. Das Rennen lief ruhig und gut, wir kamen zur Wendemarke, jetzt ging es nach ca. 20 Höhenmetern “Ablauf” wieder hoch.
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

11    0:48:35,4    0:04:35,5   151  156  152  148   4:35
12    0:53:07,7    0:04:32,3   149  156  151  148   4:32
13    0:57:33,6    0:04:25,9   152  154  152  149   4:25
14    1:02:07,9    0:04:34,3   152  155  153  149   4:34
15    1:06:46,4    0:04:38,5   156  161  155  147   4:38

Man merkt es an den Zeiten. Sie wurden etwas schlechter, 14 sec. auf die Norm eingebüsst, aber immer noch 49 sec. drunter. Der Puls ging leicht hoch, aber im Schnitt nie über 155, und ich fühlte mich sehr gut. Wir waren jetzt wieder im Stadtgebiet, am Bahnhof vorbei, viele Menschen waren da und jubelten, und das Wetter war super. Es hingen zwar dicke Wolken über St. Wendel, aber es regnete nicht – noch nicht. Und bei 18°C lief es sich spitze. Leider wurde im Stadtgebiet die Strecke wieder etwas “profiliert” – vor allem jetzt, auf dem Weg zur Wendemarke in Urweiler…

km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

16    1:11:12,8    0:04:26,4   151  159  154  149   4:26
17    1:16:03,8    0:04:51,0   158  162  154  149   4:51
18    1:20:39,2    0:04:35,4   156  161  156  152   4:35
19    1:25:02,3    0:04:23,1   152  159  156  151   4:23
20    1:29:11,0    0:04:08,7   157  160  156  150   4:08

Erfrischung in Niederlinxweiler...  (Foto: Energis)
Man sieht es an den Rundenzeiten – die Wendemarke liegt am höchsten Punkt der Strecke, ungefähr bei km 18. Der “Urweiler Hammer” hat es in sich. Aber ich kam ganz gut durch. Schön war, daß ich einen Fan aus dem Neunkircher Stadtrat hatte: Siggi Schmitt (FDP) grüßte mich herzlich, und ich grüßte zurück. Das baute echt auf. Er blieb auch bis in die zweite Runde – Klasse und Danke! Von meiner Gruppe hatte ich mich dort dann auch verabschiedet und lief jetzt eine Zeit lang allein, dann mit Elmar Zimmer aus Gladbach. Ich lag 56 sec. unter meiner Norm von 3:10. Wir beide hätten ein gutes Paar abgegeben für die zweite Hälfte, aber dann kam die “Wand”.
“Wand” heißt in diesem Fall die Halbmarathon-Läufer. Die starteten um 11.00 Uhr, kurz bevor wir wieder an Start und Ziel in der Mommstraße waren. 2.000 an der Zahl, viele ja schneller als wir, aber die meisten eben nicht. So musste ich mich durch das Feld “pflügen”, vor allem in der engen Werkstraße, was sehr schwierig, ärgerlich und kraftraubend war. Ständige Tempowechsel, Lücken erspähen und reinstoßen, Umwege laufen, auch mal jemanden rempeln. Besonders blöd, da gerade hinten im Halbmarathonfeld ja niemand mit Überholern rechnet und die Leute auch oft entsprechend unvorbereitet waren, auch schon mal schimpften oder schlimmer.  Erst ab km 24 wurde die Situation wieder besser, als wir, wieder auf der B41, alle Platz hatten. Schade! Der einzige Wermutstropfen eines ansonsten perfekten Laufevents. Ich habe nachher auch mit dem Bürgermeisterkollegen Klaus Bouillon drüber gesprochen. Ich muss bei aller Kritik an dieser einen organisatorischen Neuerung (man hatte nach Bitten vieler Läufer den Ablauf etwas verändert, aber das ist ein klassischer Fall für das Bonmot: “Das Gegenteil von gut gemacht ist gut gemeint!”) sagen, daß die gesamte Veranstaltung ein Spitzenevent ist und ohne “de Klaus” so nicht möglich wäre. Uns eint bei aller politischen “Andersgläubigkeit” die Liebe zum Sport, und ihm macht nicht nur beim Lauf, sondern auch in Sachen Radveranstaltungen in St. Wendel seit Jahren keiner etwas vor.
Zeit für den Fotograf ist immer... (Foto: Energis)
Diese “Sonderanstrengung” (man sieht es auch an meinen Pulswerten bei km 22-24, mit 168 als Höchstwert im ganzen Rennen, weniger an der direkten Zeit) kostete mich nach vorsichtiger Einschätzung sicher zwei Minuten in der Endzeit. Aber egal, es ging ja irgendwie. Aufgebaut haben mich die guten Wünsche des Wiebelskircher Abgesandten Kurt Rein – Danke! Und übrigens: Kein Vorwurf an die “langsameren” Halbmarathonis, die ja auch nur ihr Rennen laufen wollten. Sollte ich während dieser Phase jemanden, der das liest, zu rüde gedrängt oder gar angeschnauzt haben, so entschuldige ich mich hiermit. Aber manchmal krieg ich die Krise, wenn Läufer vor einem auch auf die fünfte Bitte “Etwas Platz bitte, ich will vorbei” wegen Megabeschallung aus dem iPod (und das trotz zig Bands an der Strecke) nicht in der Lage sind, einen zu hören. Ein mir bekannter Läufer, der unter 3:00 bleiben wollte und bestens dabei war, hat deshalb sein Ziel verfehlt. Schade.
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

21    1:33:31,5    0:04:20,5   157  159  155  153   4:20
22    1:38:07,2    0:04:35,7   157  160  156  152   4:35
23    1:42:25,1    0:04:17,9   165  166  161  152   4:17
24    1:46:45,0    0:04:19,9   164  168  162  153   4:19
25    1:51:10,3    0:04:25,3   160  164  159  154   4:25
Die Versorgung war klasse! (Foto: Energis)
Ab km 25 (ich lag mittlerweile 1:30 unter Norm, hatte also etwas Luft) war wieder alles im Lot. Der Puls pendelte nun zwar um die 157 (was auch am Ende mein Durchschnittswert für das gesamte Rennen war), aber ich hatte ja auch schon ca 2/3 des Marathons geschafft. Wie ein Uhrwerk zog ich meine Bahn, auf 5 km gerade einmal 2 sec. Abweichung. Auf der Strecke sah ich bei km 26, beim Ablauf in Richtung Niederlinxweiler, meinen Freund Frank Sehn auf der Gegenbahn in Richtung St. Wendel, der den Halbmarathon lief und Dritter war – super! Den Platz behielt er auch bis zum Ende, Spitzenleistung. Ich überholte nun vor allem viele Halbmarathonis, aber auch Marathonis, die sich übernommen hatten und nun den bitteren Preis bezahlten. Ich sah dann auch auf der Gegenbahn den Kollegen Christoph Wahl, der den Halbmarathon in respektablen 1:35:27 finishte – Glückwunsch! Puls die ganze Zeit schön auf einem 157er-Schnitt, so konnte es weitergehen. Es hatte zu regnen begonnen, aber das störte nicht – im Gegenteil. Ich hatte aber scheinbar Glück – an der Wende in Niederlinxweiler muss es kurz, nachdem ich dort war, sogar gehagelt haben…
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

26    1:55:43,5    0:04:33,2   156  161  157  153   4:33
27    2:00:13,7    0:04:30,2   158  163  157  153   4:30
28    2:04:40,9    0:04:27,2   156  160  157  152   4:27
29    2:09:10,9    0:04:30,0   156  161  157  146   4:30
30    2:13:43,5    0:04:32,6   156  162  157  150   4:32
Weiter gings zurück Richtung St. Wendel. Mein Puls stieg wieder leicht an, es ging ja auch bergan. Aber ich fühlte mich immer noch gut. Ein kleines Loch bei km 32, aber dann zog ich wieder etwas an, und gut war. Wieder uhrwerksgleich sogar noch 1 sec. rausgeholt. Nun 1:29 unter der Norm – das sah gut aus für die 3:10, und die Gewissheit beflügelte.
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

31    2:18:15,0    0:04:31,5   161  162  159  155   4:31
32    2:22:55,0    0:04:40,0   157  163  158  154   4:40
33    2:27:22,7    0:04:27,7   159  162  159  154   4:27
34    2:31:46,4    0:04:23,7   161  162  160  156   4:23
35    2:36:14,4    0:04:28,0   166  166  161  157   4:28
Schon waren wir wieder fast am St. Wendeler Bahnhof, und nun gings zum Finale. Ich merkte, daß meine Reserven sich dem Ende näherten. Der “Lauf durch die Wand” hatte viel Kraft gekostet. Und der Urweiler Hammer stand zum zweiten und letzten Mal an, diesmal tat er viel weher. Auf diesen fünf km verlor ich auch 20 sec. meiner Zeitreserve, aber das machte im Endeffekt nichts. Daß es reichen würde für die 3:10-Unterbietung, wußte ich da schon. Da machten mir auch der nun dauerhaft hohe Puls und die Schmerzen nichts mehr aus. Adrenalin kann Sachen machen…
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

36    2:40:48,9    0:04:34,5   161  167  163  157   4:34
37    2:45:10,4    0:04:21,5   162  163  161  155   4:21
38    2:49:51,4    0:04:41,0   162  164  162  157   4:41
39    2:54:30,2    0:04:38,8   161  164  162  159   4:38
40    2:59:06,5    0:04:36,3   161  163  161  158   4:36
Ein letzter Gruß an Siggi Schmitt, es ging auf die letzten 2,2 km. Ähnlich wie in Freiburg nahm mit die Gewissheit, mein Ziel zu erreichen, etwas Motivation und das kostete direkt Zeit. Der km 42 sollte mein schlechtester des ganzen Rennens sein, aber immer noch knapp unter 5:00.
km    Zeit          Runde      HF   Max   Ø   Min  min/km

41    3:03:32,3    0:04:25,8   159  165  162  156   4:25
42    3:08:31,3    0:04:59,0   163  165  161  158   4:59
42,2  3:09:23,4    0:00:52,1   163  163  162  162   4:20
Im Ziel war ich einfach nur glücklich und zufrieden. Die persönliche Bestzeit im zweiten Marathon um 20:36 und unter 3:10 zu verbessern, ist aller Ehren wert. Ich machte nach dem Durchlauf einmal kurz den “Petric” (Bogen raus, Pfeil raus, psscht!) und bekreuzigte mich schnell, Gott sei Dank, daß es geklappt hat. “Flach”, wie in der Ausschreibung steht, ist der Kurs nun wirklich nicht. Wie auch – wir sind ja im St. Wendeler Land! Insgesamt maß meine Polar 125 hm. Direkt die Medaille geschnappt, Essen, Trinken, 2 km Auslaufen, und dann ab zu Dusche und Massage – die tat gut. Nachher sass ich noch mit Torsten Lang und Klaus Bouillon zusammen und führte gute, herzliche Gespräche. Der St. Wendeler BM versteht es vortrefflich, die Bürger in dieses Großereignis einzubinden und mitzunehmen. Sein Team leistet tolle Arbeit. Auch viele SPD’ler helfen mit, wie z.B. Heiko Cullmann, der stundenlang Essen an die müden Läufer verteilte – toll!
Bei der Siegerehrung gratulierte ich auch noch meinem Freund Frank Sehn zu seinem spitzenmäßigen dritten Platz im Halbmarathon. Auch Karsten Fend von den Grojo’s Elversberg gebührt ein “Congrats”: Mit 3:28:51 lief er einen tollen Marathon! Ebenso Glückwunsch an Holger Maroldt, den Ortsvorsteher von Landsweiler-Reden, zu seinen spitzenmäßigen 1:27:43 im Halbmarathon, an meinen alten Schwarzenholzer Kollegen Reiner Leinenbach aus Dillingen, der mit 3:45:30 ebenfalls einen guten Marathon hinlegte, und an Pascal Spaniol aus Saarwellingen zu 1:25:58 im Halbmarathon (ich habe seinem Vater und Kinderarzt meiner Kinder Uwe schon beim letzten Halbmarathon in Saarbrücken gesagt, daß dies wohl der letzte Halbmarathon gewesen sei, in dem ich vor dem Jungen lande. Und so ist es. Der wird immer besser…)
Fazit: Wer sich ordentlich vorbereitet und vom Pech verschont bleibt, kann seine avisierte Leistung auch bringen. Die Erkenntnis tut gut. Ich freu mich schon auf zwei Dinge: Erstmal zwei Wochen lang gar nicht zu laufen und endlich aufs Rad umzusteigen, aber dann und umso mehr auf die Vorbereitung für den Berlin-Marathon am 26.09.2010, diesmal mit richtig professioneller Hilfe von JK Runnning. Es wäre ein extrem ehrgeiziges Ziel, dort die Drei-Stunden-Marke anzupeilen. Mal sehen ;-)