Samstag, 2. April 2016

Auf & Ab bis Fischbach/Dahn, dann von Krämpfen besiegt...

Auf & Ab bis Fischbach/Dahn, dann von Krämpfen besiegt... 



An die Grenzen gestoßen


In den letzten Jahren ist es mir ab und an passiert, daß eine Tour mit dem Rennrad früher ein Ende nahm, als ich mir das gewünscht hätte. Es gab dabei weniger harmlose Ereignisse (Unfall) wie auch triviale (Material). Insgesamt hielten sich solche Vorkommnisse in Grenzen. Aber dass ich aufgeben musste, weil einfach körperlich nichts mehr ging - das gab's noch nie. Na gut, einmal ist immer das erste Mal. Hier ist die Geschichte...


Hofgut "Menschenhaus" an der L113 kurz nach dem Start
Endlich Frühling! Bis zu 18° C! Stundenlang Sonne! Ich konnte es kaum erwarten, meinen wenigen Terminverpflichtungen am Vormittag nachzukommen und dann gegen Mittag endlich zu einer Tour aufzubrechen, die ich mir lange schon mal vorgenommen hatte.

Obwohl ich das "Revier" Nordvogesen/südlicher Pfälzerwald schon oft durchstreift hatte, waren die Streckenteile z.B. zwischen Lengelsheim und Breidenbach, zwischen Sturzelbronn und Ludwigswinkel sowie Richtung Salzwoog entlang der L487 hoch zur "Roten Hohl" für mich noch radfahrtechnisches Neuland, auf das ich sehr gespannt war. Ebenso Pirmasens aus Richtung Lemberg und durch die Stadt in Richtung Gersbach/Windsberg/Felsalbtal war ich noch nie gefahren.

Meine Radfahrten seit 2010 aus/nach NK
Wer meinen Blog regelmäßig liest, weiß, dass ich nichts weniger aufregend finde als Touren, die man schon kennt. Daher versuche ich immer wieder, auf den Karten Wege und Verbindungen zu finden, die ich bis dahin noch nicht gefahren bin, und wenn sie auch weniger als 10% der Gesamtroute ausmachen.

Mit dem MTB ist das noch relativ einfach, da hier zum einen die Möglichkeiten mannigfaltig sind, zum anderen meine MTB-Jahreskilometer nicht annähernd mit denen auf dem Rennrad mithalten können. Seit ich in Neunkirchen lebe, bin ich mit dem Rennrad weit über 20.000 km gefahren, davon geschätzt 85-90% hier in der Umgebung.

Da ist klar, dass man die eine oder andere Route öfter nimmt, allein schon, um in die entsprechenden "Reviere" zu kommen (Bliestal rauf und runter, Saar-, Schwarzbach- und Hornbachtal). Aber ansonsten gilt: Entdeckungsfahrten sind die schönsten Fahrten!

Ich war entsprechend motiviert, als ich losfuhr, versuchte mir aber immer wieder zu sagen: "Ruhig, Brauner!" Das Frühjahr ist bisher sportlich noch nicht so richtig ausgebrochen bei mir - mehrere Erkältungsanflüge, Probleme mit dem Knochengestell, Verletzungen, eins kam zum anderen. Immer wenn ich kurz davor war, einigermaßen fit zu werden, ob laufend oder Rad fahrend, kam irgendwas dazwischen und warf mich zurück.

Anstieg auf den Bliesgau hinter Mimbach (L103)
So auch letzte Woche - teils wegen geschäftiger Osterfeiertage, aber auch, weil ich mich einfach schlapp fühlte, hatte ich seit Ostersamstag nichts gemacht. Kein Laufkilometer, keine Radumdrehung, kein Krafttraining. Ich fühlte mich zwar fit, aber hätte wissen müssen, dass nach einer Woche totaler Ruhe die Muskulatur von geplanten sechs Stunden Radfahrt eher weniger begeistert sein würde.

Unglücklicherweise - wie meist - machte ich mir solche Gedanken zu Beginn der Fahrt nicht. Es ging erst mal Richtung Eschweilerhof/Kirkel, dann nach Blieskastel, und hinter Mimbach dann hoch auf den Bliesgau Richtung Böckweiler. Da schaute ich dann der erste Mal auf meinen Puls - und erschrak ob des Wertes. 140? Ernsthaft? Kam mir gar nicht so vor?

Blick hinter Ormesviller (F)  ins Schwalbtal (D34B)
Nach etwas über einer Stunde - ich war durch Altheim und Ormesviller, hatte also die französische Grenze erreicht - immer noch 140 Puls im Schnitt, Geschwindigkeit 28 km/h im Schnitt (viel zu schnell!), aber ich fühlte mich trotzdem gut. Allein die Temperatur machte mir Sorgen. Ich bekam einfach nicht richtig warm, und meine Beine auch nicht.

Runter ging's ins Schwalbtal - auch auf diesem Weg war ich noch nie nach Volmunster gekommen, umgekehrt schon, vor fast genau drei Jahren mit dem Sohnemann am 13.04.2013.

In Volmunster angekommen, ging's gleich auf der "rue principale" hoch nach Nousseviller-lès-Bitche - auch hier stiefelte ich in neuer persönlicher Bestzeit mit 15,6 km/h im Schnitt hoch, die Zurückhaltung hatte ich aufgegeben. Vernünftig war das nicht.

Blick hinab nach Lengelsheim im Breidenbachtal (D35C)
Nach Nousseviller fuhr ich ein wenig über die Höhenstraße (so wenig wie möglich eben, da dort der Verkehr doch sehr schnell unterwegs ist) und bog nach knapp 2 km wieder rechts ab. Dabei zwickte mich meine linke Wade zum ersten Mal. "Was? Ein Krampf? Wo kommt der denn her?" war mein erster Gedanke.

Aber der verflog schnell. Es ging runter nach Lengelsheim ins Tal, wo Bitten- und Hirmesbach zum Breidenbach zusammenfließen. Das wunderschöne, ruhige Tal glitt ich hinab in Richtung Breidenbach.

Auch das war eine Premiere - ich war zwar schon mal in Lengelsheim, damals aber im Ort rechts hoch auf die Rue de Bitche gefahren, um auf die D962 in Richtung "Ferme du Gendersberg" zu kommen.

Schlussanstieg nach Haspelschiedt (D86)
In Breidenbach wartete dann der Anstieg über den Grat in Richtung Bousseviller im Hornbachtal - der vierte nennenswerte Anstieg des Tages. Auch hier flog ich hochmotiviert den Berg hoch, es machte richtig Spaß. Die Kälte, die meinen Körper durchzog, merkte ich da kaum. Mit 16,0 km/h im Schnitt reichte es sogar für Platz 6 in der Strava-Liste!

Und schon ging's runter ins Hornbachtal, nach kurzer, schneller Abfahrt war ich in Bousseviller und überquerte ortsausgangs den Hornbach, um weiter den Schwarzbach hoch in Richtung Haspelschiedt zu fahren. Juhu! Auch hier ging's richtig gut ab - 22,5 km/h im Schnitt bei 60 hm auf 3,5 km. Alle Warnsignale meines Körpers überhörte und übersah ich, vor allem die immer stärker steigende Pulsfrequenz. Runter war ich hier schon mal gekommen, aber rauf machte auch Spaß!

Oben angekommen, ging's wellig durch den Truppenübungsplatz nach Bitche, dort wandte ich mich ostwärts.

Immer schön auf der Straße bleiben! (D86)
Und nun merkte ich es: Ich fuhr in den Wind hinein, und es fing an, immer schwerer zu werden. Ich musste hier oben auf der Wasserscheide Saar/Rhein teilweise Tempo rausnehmen, und im letzten Anstieg vor Sturzelbronn, dort, wo man das Einzugsgebiet der Saar endgültig verlässt, ereilte mich der erste richtige kurze Krampf in beiden Waden. Mist! Erst 70 km, noch nicht mal die Hälfte, und schon Krämpfe?

Außerdem wurde ich müde. Trotz regelmäßiger Nahrungs- und Getränkezufuhr merkte ich nun auch, wie es mich fröstelte. Nicht gut. Aber egal, immer locker kurbeln!

Direkt von Bitche bis nach Sturzelbronn war ich bisher noch nie gefahren, immer nur Streckenteile, und auch die Abfahrt nach Ludwigswinkel beim Campingplatz "Bremendell" hatte ich noch nie genommen. Heute zum ersten Mal!

Sturzelbronn im Schnepfenbachtal (D35)
Es ging nur leicht bergan, und schwupps war man überm Grat und es ging auf einer sehr schmalen Waldstraße, die aber an vielen Stelle neu belegt und gut fahrbar war, nach Ludwigswinkel. 80 km - und damit das Bergfest - hatte ich nun hinter mir. Ebenso den "Frankreich"-Part der Tour.

Eins war klar - ich brauchte eine Pause. Die Muskeln in beiden Beinen waren knüppelhart, und immer wieder deuteten sich Krämpfe an. Am Saarbacherhammer, einem wunderschönen Stausee, kehrte ich ein - im Landgasthof Zwickmühle.

Empfehlenswert! Ich bestellte mir einen Kaffee und eine leckere Kirschwaffel mit Sahne, die vorzüglich mundete, massierte meine Beine, füllte meine Flasche auf und war immer noch guter Dinge, es irgendwie nach Hause zu schaffen.

Auf der Terrasse des Landgasthofs Zwickmühle
Immerhin hatte ich noch einen 27er-Schnitt, einen mehr als kalkuliert, und der Puls hatte sich auf dem Niveau 145 zumindest stabilisiert. Trotzdem: Schon weit über 1.100 hm, und nur 13°C im Schnitt - das war alles nicht so optimal. Schließlich wartete noch die "Rote Hohl" und der Anstieg nach Pirmasens, und auch ansonsten noch der eine oder andere Hügel bis nach Hause.

Mit frischen Mut machte ich mich an die Weiterfahrt. Ich stiess schnell auf die L478, die ich noch vor wenigen Monaten auf der Tour de Fritz in Richtung Haguenau anders herum gekommen war, und bog kurz danach auf die L487 in Richtung Salzwoog ab.

Die "Passhöhe" der "roten Hohl" (L487)
Nun wartete ein längerer Anstieg, die "Rote Hohl", die das Einzugsgebiet des (südlichen) Saarbachs, der später als Sauer direkt in den Rhein entwässert, von dem des (nördlichen) Salzbachs trennt, welcher als Nebenbach die Wieslauter, später Lauter, speist, die über Bundenthal, Wissembourg und Lauterbourg kommend ein paar Kilometer oberhalb der Sauer in den Rhein fließt und für ein ziemlich langes Stück die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bildet. Auch hier war ich noch nie vorher gefahren und freute mich wie ein Schneekönig drauf.

Im Anstieg überholte ich einen MTB-Fahrer. Alles gut. Als die Waden zum ersten Mal seit der Pause wieder zuckten, wollte ich in den Wiegetritt wechseln. Beim Aufstehen jedoch versagten die Oberschenkel komplett, ich wäre fast gestürzt und musste fortan sitzend weiterfahren, und mit sehr gebremstem Schaum, weil  die Krämpfe immer schlimmer wurden. Ich schaffte es gerade noch so über die Anhöhe und nutzte die Abfahrt nach Salzwoog zur Regeneration bzw. um meinen Sohn anzurufen, damit er mich abholen kommen sollte. Mir reichte es.

Blick zurück nach Lemberg (Lemberger Str., Pirmasens)
Nachdem ich Jan-Robin erreicht hatte und wir Lemberg als Treffpunkt ausgemacht hatten, von dem aus ich ihm, sollte ich zuerst da sein, entgegenkommen wollte, beruhigte ich mich ein wenig. Das lange Kurbeln bergab hatte die bösen Krampfgeister offenbar ein wenig vertrieben...

Im Flachen taten die Beine nun doch einen ganz guten Dienst. Aber sobald es auch nur leicht bergan ging, kamen die Krämpfe ganz unvermittelt.

Ich schaffte es trotzdem bis Lemberg, der Wasserscheide zwischen Saar (Rodalbe/Schwarzbach) und Rhein (Salzbach/Wieslauter).

Ende einer Dienstfahrt... (Pirmasens, Plub)
Oben im Ort angekommen, ließ ich die Abfahrt bis ins Rodalbtal rollen und nahm dann langsam und vorsichtig den letzten Anstieg nach Pirmasens in Angriff, wo ich meinen Sohn dann am Schwimmbad (Plub) traf.

Ich hatte mich mittlerweile zwar etwas erholt, aber die noch 50 km bis nach Hause hätte ich wahrscheinlich nicht mehr geschafft.

Wir verstauten das Rad im Auto, und auf der Rückfahrt, eingezwängt in den kleinen Peugeot 207, ereilten mich noch zwei Krämpfe, die ich einfach ertragen musste. Das war wenig spaßig.

Zu unfit, zu kalt, zu profiliert, zu lang, einfach zu viel. So einfach ist das. Na ja, soll mir eine Lehre sein. Spaß gemacht hat's trotzdem!

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