Sonntag, 24. August 2014

Susa - Col du Mont Cenis - Lanslevillard - Col de l'Iseran - Val d'Isère

Susa - Col du Mont Cenis - Lanslevillard - Col de l'Iseran - Val d'Isère von joaum bei Garmin Connect – Details

Den höchsten Alpenpass bezwungen

Morgens in Susa - Blick auf die Punta Mulatera
Radfahrtechnisch ist der Sommerurlaub 2014 nach diesem Erlebnis sicher nicht zu toppen - bei schönstem Radfahrwetter fuhr ich mit meinem Sohn Jan-Robin nach drei schönen Tagen in Turin mit der Familie von Susa aus, wo wir übernachtet hatten, zunächst vorbei am Lac du Mont Cenis, über den gleichnamigen Col du Mont Cenis, hinunter in die Maurienne und über Lanslevillard, den "kleinen" Col de la Madeleine und Bonneval-sur-Arc (ab dort dann allein) als Höhepunkt der Tour über den höchsten befahrbaren Alpenpass, den Col de l'Iseran, ehe ich nach einer wunderschönen Abfahrt an der Pont St. Charles über die junge Isère oberhalb des bekannten Skiortes Val d' Isère ins Auto stieg und mit der Familie dem Urlaubsziel entgegenfuhr.

Oberhalb von Susa auf der SS25 -
rechts das Tal der Cenischia, hinten rechts
der Rociamelone (3.538m über N.N.)
Wir hatten in Susa ein echt schnuckeliges Hotel gefunden, das Hotel du Parc, ein familiengeführtes kleines Haus versteckt hinter der Häuserfront der Hauptstraße (Achtung, die Auffahrt zum Parkplatz erfordert etwas Mut!) direkt am Beginn des Passes hoch zum Col du Mont Cenis.

Wenige Meter vorher ging links die SS24 über den Col de Montgenèvre Richtung Briançon weg, was Susa zu einem richtig attraktiven Rennradfahrerziel macht.

Pünktlich um 8 Uhr fuhren Jan-Robin und ich nach einem ausgiebigen Frühstück los, während sich unsere Mädels noch Zeit ließen, ehe sie uns mit dem Auto folgten.

Blick zurück ins Tal der Cenischia
Wir hatten Glück mit dem Wetter - es war sonnig, nicht zu heiß, ideal zum Radfahren. Später weiter oben sollte es schon noch etwas zugig werden, aber das gehört beim Pässefahren dazu.

Direkt aus Susa heraus gewinnt man schnell an Höhe, aber der Belag ist sehr gut und es rollte richtig klasse. Wir waren, muss man allerdings sagen, ja auch noch "frisch".

Über Gaglione und die SS25 kamen wir so schnell auf die sich über die Cenischia, einen Nebenfluß der Dora Riparia, die in Turin in den Po fließt, erhebende Passstraße. Die Cenischia trennt die Alpen: Im Norden die grajischen, im Süden die cottischen.

Unten am Staudamm des Lac du Mont Cenis
Es ging beständig bergan, vom Startort Susa aus auf knapp 500m hatten wir nun schon knapp hinter Bar Cenisio nach 15 km 1.000 Höhenmeter in den Beinen.

Durch das Hochtal der nun wieder neben uns laufenden Cenischia kamen weitere hinzu, und nach 18 km wartete die nächste Herausforderung:

Unterhalb des Staudammes des Lac du Mont Cenis (wir waren schon in Frankreich) geht es durch eine schnelle Abfolge von Serpentinen und dahinter richtig pressige Anstiege nicht nur auf das Niveau des Stausees, sondern sogar noch weit darüber hinaus.

Lac du Mont Cenis mit Pyramide und Museum
So bietet sich aber auch ein wunderschönes Panorama auf die Bergwelt rund um diesen Stausee, der ein großes Wasserkraftwerk speist, und wir trafen zum ersten Mal auf unsere Familienbegleitung, die uns froh erwartete.

In Anbetracht der nun erreichten Höhe (knapp 2.050m über N.N.) und der doch zugigen Luft bei nur noch 12°C zogen wir uns Windjacken über und aßen eine Kleinigkeit, ehe wir die letzten Höhenmeter zum Pass auf 2.083m bewältigten, der zwischen dem "Petit Mont Cenis" (3.162m über N.N.) und dem "Grand Mont Cenis" (3.377m über N.N.) einschneidet und über den die Wasserscheide zwischen Po und Rhone läuft.

Der erste Tagespass ist geschafft!
31 km waren zurückgelegt, und nun ging es in eine knapp 8 km lange Abfahrt runter auf knapp 1.500m über N.N. in die Maurienne, die Landschaft des Tals der Arc, eines Nebenflußes der Isère, und ihrer Seitentäler, dort in den malerischen Skiort Lanslevillard.

Hier war es wieder deutlich wärmer, wir entledigten uns der Jacken und machten uns gleich auf Richtung "Col de la Madeleine", allerdings des "kleinen" (der "große" verbindet ja die Maurienne mit der Tarantaise, der Landschaft des Tals der Isère und ihrer Seitentäler, etwa 70 km talabwärts), einer knackigen Steigung aus Lanslevillard heraus, die einem einiges abverlangt.

Lanslevillard und die Haute-Maurienne -
über dem Dorf thront der Col de la Madeleine
Danach gelangt man nach einer kleinen Abfahrt ins Hochtal der Arc, wo es meist flach mit nur leichten Steigungen über Bessans (wir durchfuhren den schönen Ort, anstatt auf der Umgehungsstraße zu bleiben) zum Fuß des Col de l'Iseran nach Bonneval-sur-Arc geht.

Die Gemeinde mit nur 283 Einwohnern, aber ausgezeichnet als eines der schönsten Dörfer Frankreichs, liegt auf 1835m über N.N. und markiert nach einigen trügerischen Kilometern mit nur ganz mäßigen Steigungen gut erkennbar den Einstieg in eine der größeren Herausforderungen für Radsportler.

Schon in der Anfahrt zum Ort sieht man, wie sich rechts des Flusses der Col de l'Iseran mit nur einer Kurve, ansonsten zwei langen Geraden, nach oben windet, ehe er dann in ein karges Hochtal verschwindet.

Jan-Robin beendete die Tour hier. Er ist richtig wacker mitgefahren, aber mit 16 Jahren muss man den Col de l'Iseran noch nicht fahren - dafür ist noch Zeit genug in einem Radfahrerleben. Knapp 57 km über zwei Pässe mit 2.150m Höhenunterschied - das ist schon aller Ehren wert.

Einer von vielen Paraglidern über Bonneval-sur-Arc
Der 13 km lange Col de l'Iseran überwindet 977 Höhenmeter mit einer Durchschnittssteigung von 7,5%. Er ist mit 2.764m der höchste befahrbare Alpenpass, nur 7m mehr als das Stilfser Joch in Italien, aber etwas steiler und vor allem sehr unregelmäßig, mit längeren Maximalsteigungen bis 13%, aber zumindest auch kilometerlangen 8-10%, die gnadenlos die beiden Kilometer mit je 4% "ausgleichen".

Zunächst geht's etwa drei-vier km recht steil los, ehe man das Hochtal des "Ruisseau de la Lenta" erreicht, die Kapelle "Saint-Barthélémy" passiert und etwas verschnaufen kann.

Aber nicht lange - schnell folgt der nächste, heftige Anstieg, etwa vier km lang, dann kommt wieder ein km mit etwa 4%, ehe es auf die letzten drei Kilometer geht, die einem den letzten Saft aus den Beinen ziehen. Viel besser beschreiben lässt sich das nicht - man muss es erlebt haben.

Links die Passstraße, unten Bonneval-sur-Arc,
hinten die Gletscherlandschaft mit dem Levanna Centrale
Dafür entschädigen herrliche Panoramen, etwa der Blick auf den Levanna Centrale (3.619m über N.N.) und den Glacier des Sources de l'Arc nach der ersten Kurve "zurück" Richtung Bonneval in der Passstraße.

Es war wenig los. Ich überholte nur zwei Sportkameraden, mich selbst überholte keiner - die Mittagszeit ist wohl etwas früh hier, denn später sah ich von der Tarantaise aus jede Menge Radfahrer unterwegs hoch zum Col.

So also meist allein, hing ich den üblichen Gedanken nach, z.B. "Warum in aller Welt tust Du Dir das an?"; aber Bergfahrer kennen das. Je näher man der Passhöhe kommt, desto tiefer greift man in die Reservekiste - aber da findet sich immer noch was.

Ich musste schon die letzten Reserven mobilisieren, um unter richtiger Anstrengung den Pass hochzukommen - immerhin, 1:08:52 (11,4 km/h im Schnitt) reichen für einen Platz im guten vorderen Mittelfeld auf der STRAVA-Liste ;-).



Oben auf dem Pass hatte es nur 8°C. Ich zog mir schnell eine Jacke über, es blieb kurz Zeit für das obligatorische Bild, dann ging's gleich in die Abfahrt Richtung Val d'Isère.

Der Rest der Familie hatte mich geduldig auf dem Pass erwartet. Ich muss meiner Frau Doris und meinen Kindern, besonders meinen beiden jüngeren Töchtern, wirklich mal Danke sagen für die Geduld, die sie mit mir haben.

So.
Die Zeit, die ich zum Pässefahren brauche, geht ihnen schon irgendwie verloren, und trotzdem machen sie das mir zuliebe mit. Das ist nicht selbstverständlich.

Die Abfahrt hinunter in die Tarantaise ist nicht ohne. Die Straße ist in keinem guten Zustand, kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie während des Winters Teil der Skipiste der "Espace Killy" oberhalb von Val d'Isère ist. Überall sieht man Hinweisschilder auf blaue, rote und schwarze Pisten.

Blick hinab ins Tal auf Val d'Isère und den Lac de Chevril.
Und die Aussichten in dieser wunderschönen, schroffen Bergwelt sind auch viel zu schön, um einfach nur die Abfahrt runterzurasen. Nach ca. 3 Kilometern öffnet sich der Blick runter auf Val d'Isère und den Lac de Chevril - atemberaubend.

Gegenüber das Gebirgsmassiv bei Tignes mit unendlich vielen Skipisten und der Aiguille Percée - Wahnsinn!

Und ich hatte wirklich noch Riesenglück mit dem Wetter - einige Wolken schmückten die Berggipfel, ansonsten war der Himmel blau.

Ich beschloss daher auch im Sinne der Familie, die Abfahrt unten an der Pont St. Charles über der jungen Isère zu beenden.

Ende einer tollen Fahrt - die Pont St. Charles
über die junge Isère oberhalb der Ortslage
40 km nur bergab mit Tunneln und viel Autoverkehr Richtung Bourg St. Maurice musste ich mir wirklich nicht mehr geben, dazu war der Tag bisher schon zu perfekt gewesen.

Nach dem Ende der tollen Fahrt ging's mit der ganzen Familie im Auto Richtung Lac d'Annecy, wo wir noch eine hoffentlich schöne Woche verbringen - wenn diese Tour irgend ein Indikator ist, muss es toll werden!





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